Miteinander. Füreinander.
Mitgliederversammlung der Lebenshilfe Heinsberg blickt zurück und in die Zukunft
Unter dem Motto Miteinander. Füreinander. trafen sich die Mitglieder der Lebenshilfe Heinsberg zu ihrer diesjährigen Mitgliederversammlung. „Ich bin also der Neue“, begrüßte der pädagogische Vorstand Guido Rothkopf die Anwesenden mit einem Augenzwinkern. Nach 260 Tagen in der Lebenshilfe Heinsberg fühle er sich längst angekommen: „Ich komme jeden Tag gerne nach Heinsberg und freue mich, die Lebenshilfe mitzugestalten.“
Klaus Meier, Vorsitzender des Aufsichtsrates, erläuterte das Motto der Mitgliederversammlung und betonte angesichts zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung die Bedeutung des Zusammenhalts: „In einer Zeit, in der Rücksichtslosigkeit und Respektlosigkeit wachsen, müssen wir zusammenstehen – gerade für Menschen mit Behinderung.“ Gleichzeitig äußerte Meier Sorge über veränderte Erwartungen junger Eltern: „Wir sind kein Serviceunternehmen. Wir leben vom Engagement der Angehörigen!“ Um das Ehrenamt zu stärken, wurde eine neue Stelle geschaffen, die künftig Melanie Worms übernehmen wird.
Starke Projekte für Kinder, Jugendliche und Familien
Monia Kohnen und Sandra Senftleben, Mitglieder des Aufsichtsrates, stellten die Fortschritte im Bereich Kinder und Jugend vor. Im Zuge gesetzlicher Vorgaben sei ein wichtiger Schwerpunkt der vergangenen Monate die Entwicklung eines umfassenden Gewaltschutzkonzeptes gewesen. Zudem habe sich die sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) etabliert und berät aktuell 17 Familien mit besonderen Bedarfen im Kreis Heinsberg.
Ein weiteres Highlight der vergangenen zwei Jahre sei die erfolgreiche Entwicklung der Fortbildung zur Autismusfachkraft, die nicht nur intern Fachkräfte schult, sondern auch extern interessierten Pädagogen offensteht.
Die neu eröffnete Therapiepraxis im Hofbruch bietet mittlerweile Ergo- und Logotherapie auch für erwachsene Menschen mit Behinderung.
Senftleben erläuterte auch das neue Pooling-Konzept der Schulassistenz, das ab 2026 zunächst an drei Schulen startet: Schulassistenzen arbeiten dann fest an den Schulen und begleiten mehrere Kinder mit Assistenzbedarf gemeinsam. Inklusion müsse sich jedoch bereits im Kindergartenalter stärker etablieren, so Senftleben. Deshalb entwickelte das von der Aktion Mensch unterstützte Projekt Dabei sein von Anfang an sehr erfolgreich die Schulung zu „Fachkraft Inklusion“ für pädgogische Fachkräfte in Regelkindertagesstätten in der Region.
Wohnen: Neue Bauprojekte und differenzierte Angebote
Aufsichtsratsmitglied Carolina Sauerwein berichtete über ambitionierte Wohnprojekte, die sich zurzeit entwickeln, um den dringenden Wohnbedarfen gerecht zu werden. So plane die Lebenshilfe eine Wohngemeinschaft für acht Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis achtzehn Jahren und einer Diagnose im Autismus Spektrum in Haaren. An der Stapper Straße in Kirchhoven ist ein Neubau für Menschen mit herausforderndem Verhalten geplant.
Weitere Wohnprojekte entstehen in Wassenberg – dort beziehen zurzeit 16 Menschen die neuen Zimmer ihrer Wohngemeinschaft. In Hünshoven befindet sich ein inklusives Wohnhaus im Bau, ein ähnliches Projekt sei in Grebben geplant, erklärte Carolina Sauerwein und hob die Herausforderungen hervor: Personalmangel, gestiegene Ansprüche von Leistungsträgern und bürokratisch verordnete Pflichtschulungen führten zunehmend zu einem Spagat zwischen Anspruch und Realität. Trotz dieser Belastungen gelinge es dem großen Fachkräfte-Team der Lebenshilfe, Lebensqualität nicht aus den Augen zu verlieren. So ermögliche der Familien unterstützende Dienst ein vielfältiges Freizeit- und Reiseangebot alleine zum beliebten Diskoabend „Treffpunkt“, der abwechselnd in der Lebenshilfe oder in der Diskothek stattfindet, kommen zahlreiche Partyfreunde.
Werkstätten im inklusiven Wandel
Klaus Meier berichtete über die Entwicklungen in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Aktuelle Rückgänge bei Neueintritten sorgten für sinkende Belegungszahlen. Im Fokus stehe daher Flexibilität sowohl in der Zusammensetzung der Arbeitsgruppen als auch in der Auswahl der Arbeitsaufträgen.
Die Lebenshilfe Werkstätten begleiten derzeit 73 Mitarbeitende in ausgelagerten Arbeitsplätzen. Damit Mitarbeiter auch außerhalb der Werkstätten auf einem „betriebsintegrierten Arbeitsplatz“ (BiAP) eine gute Begleitung erhalten, wurde der Bereich Job-Coaching ausgebaut.
Klaus Meier hofft, dass die bereits von der vergangenen Bundesregierung geplante Werkstattreform vielleicht noch Ende 2025 von der neuen Bundesregierung weiterentwickelt und endlich umgesetzt werde, auch um der bundesweiten Forderung nach einer gerechteren Entlohnung in Werkstätten gerecht zu werden.
Zudem gab es personelle Veränderungen, so Klaus Meier. Mit Ausscheiden von Edgar Johnen übernimmt Judith Liebens die Gesamt- sowie die pädagogische Leitung der Werkstätten, Joachim Thelen verantwortet künftig die Leitung Arbeit und Technik.
Wirtschaftliche Entwicklung: solide Basis trotz Herausforderungen
Peter Katscher präsentierte die wirtschaftliche Bilanz des Lebenshilfe Heinsberg e.V. und bescheinigte dem Verein eine gesicherte und sehr solide Finanzierungsbasis. Mittlerweile belaufe sich der Personalaufwand auf über 60 % der Gesamtkosten. Die Lebenshilfe beschäftigte zum 31.12.2024 1.194 Fachkräfte. Zurzeit betreut der Verein mehr als 2.300 Menschen mit Behinderung.
Risikomanagement und Nachhaltigkeit im Blick
Stefan Erfurth stellte das neue Risikomanagement vor: Eine Lebenshilfe übergreifende Risikoinventur wurde 2024 abgeschlossen und wird künftig jährlich aktualisiert. Im Bereich Nachhaltigkeit verfolgt der Verein ambitionierte Ziele und legt den Wert auf Ressourcen schonendes Wirtschaften, die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber, die Sicherung der Gesundheit von Klienten und Mitarbeitenden. Dafür sei zurzeit ein umfassender Katalog von Nachhaltigkeitskriterien in Arbeit.
Neues Leitbild zum 60-jährigen Jubiläum 2026
Guido Rothkopf blickte zum Schluss in die Zukunft: Zum 60-jährigen Bestehen der Lebenshilfe Heinsberg im Jahr 2026 soll ein neues Leitbild entstehen: „Wir sind groß, wir sind im Wandel, wir brauchen Orientierung. Wir wollen wissen: Was verbindet Sie mit der Lebenshilfe?“ Auch alle Mitglieder sind eingeladen, ihre Ideen einzubringen. In den kommenden Wochen entsteht eine flächendeckende Evaluation, um möglichst viele Menschen innerhalb der Lebenshilfe am Entwicklungsprozess des neuen Leitbildes teilhaben zu lassen.